Der größte Börsen-Crash der Geschichte – könnte er sich wiederholen?

Wenn man über Börsen-Crashs spricht, dann fällt ein Datum immer wieder: 24. Oktober 1929 – auch bekannt als Schwarzer Donnerstag. Dieser Tag markierte den Beginn der Weltwirtschaftskrise, einem der dunkelsten Kapitel in der Geschichte der Finanzmärkte. Die Kurse stürzten ins Bodenlose, Anleger verloren ihr gesamtes Vermögen, und Banken gingen reihenweise pleite. Aber warum war gerade dieser Crash so katastrophal? Ganz einfach: Es war nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein psychologisches Erdbeben.
Wie kam es zum Schwarzen Donnerstag 1929?
In den Jahren vor dem Schwarzen Donnerstag war die wirtschaftliche Lage in den USA auf den ersten Blick glänzend. Die 1920er-Jahre, oft als „Roaring Twenties“ bezeichnet, waren von wirtschaftlichem Aufschwung, technischem Fortschritt und wachsendem Optimismus geprägt. Besonders an der Börse herrschte ein regelrechter Boom. Jeder – ob Banker, Lehrer oder Fabrikarbeiter – war überzeugt, mit Aktien das schnelle Geld machen zu können. Das führte dazu, dass viele Menschen begannen, in großem Stil Wertpapiere zu kaufen, auch wenn sie sich diese eigentlich gar nicht leisten konnten.
Das gängige Mittel dafür waren sogenannte Margin-Käufe. Dabei zahlte man nur einen Bruchteil des tatsächlichen Aktienwerts aus eigener Tasche, der Rest wurde als Kredit aufgenommen. Dieses Prinzip funktionierte allerdings nur, solange die Kurse stiegen – was sie in dieser Zeit tatsächlich rasant taten. Die Illusion, dass die Börse unaufhaltsam sei, verleitete viele dazu, immer riskanter zu agieren und sich finanziell massiv zu verschulden. Diese riskanten Finanzmanöver waren eine tickende Zeitbombe.
Als die Kurse im Oktober 1929 begannen leicht zu fallen, geriet das System ins Wanken. Die Kreditgeber forderten nun, dass die geliehenen Summen zurückgezahlt wurden, da der Wert der Sicherheiten – also der Aktien – sank. Die verschuldeten Investoren hatten keine andere Wahl, als ihre Wertpapiere zu verkaufen, um an das nötige Geld zu kommen. Doch genau dieser Verkaufsdruck ließ die Kurse noch weiter abrutschen. Innerhalb kürzester Zeit löste sich der Aktienboom in Luft auf.
Was folgte, war ein sich selbst verstärkender Abwärtstrend. Panik griff um sich. Immer mehr Menschen verkauften aus Angst vor weiteren Verlusten. Banken gerieten ins Straucheln, Unternehmen gingen pleite, Millionen verloren ihre Ersparnisse und Arbeitsplätze. Der Schwarze Donnerstag am 24. Oktober 1929 markierte nicht nur den Beginn des größten Börsen-Crashs der Geschichte, sondern auch den Auftakt zur Weltwirtschaftskrise, die das gesamte Jahrzehnt prägen sollte.
Was war die Ursache für den Crash?
Der Börsencrash von 1929 war kein Zufall, sondern das Ergebnis eines gefährlichen Zusammenspiels mehrerer wirtschaftlicher, finanzieller und psychologischer Faktoren. Jeder einzelne dieser Auslöser verstärkte die anderen – wie Zahnräder in einem riesigen Uhrwerk, das am Ende auseinanderbrach. Wer verstehen will, warum es zum Crash kam, muss sich die damaligen Rahmenbedingungen genau ansehen:
- Massive Überbewertung der Aktien
In den Jahren vor dem Crash stiegen die Kurse der Aktien in einem rasanten Tempo. Unternehmen wurden an der Börse zu völlig überzogenen Preisen gehandelt – oft ohne dass ihr realer wirtschaftlicher Wert dem entsprach. Die Kurse hatten sich von den fundamentalen Daten völlig entkoppelt. Es war ein klassischer Fall von Spekulationsblase: Getrieben von der Hoffnung auf ewiges Wachstum wurde gekauft, ohne auf Risiken zu achten. - Spekulation auf Pump (Kredite als Treibstoff)
Einer der gefährlichsten Faktoren war der flächendeckende Kauf von Aktien auf Kredit. Die sogenannte „Margin“-Finanzierung erlaubte es Anlegern, nur einen Bruchteil des Aktienwerts selbst zu zahlen, den Rest borgten sie sich. Solange die Kurse stiegen, war das lukrativ. Aber sobald die Kurse auch nur leicht fielen, forderten die Kreditgeber ihr Geld zurück. Da kaum jemand genug Eigenkapital hatte, mussten die Aktien verkauft werden – was die Kurse noch weiter sinken ließ. Ein klassischer Dominoeffekt. - Fehlende Regulierung und Kontrolle der Finanzmärkte
In den 1920er-Jahren gab es kaum staatliche Aufsicht über die Börse oder den Finanzsektor. Insiderhandel, Kursmanipulation und riskante Spekulationsgeschäfte waren an der Tagesordnung. Es gab keine Mechanismen, die eingreifen konnten, wenn der Markt überhitzte oder sich riskantes Verhalten ausbreitete. Der Finanzmarkt war ein wilder Westen – und das machte ihn extrem anfällig für Panik und Zusammenbruch. - Geringes Vertrauen in Banken und kein Einlagenschutz
Als der Crash begann, verlor die Bevölkerung schnell das Vertrauen in die Stabilität der Banken. Es gab keinen staatlichen Einlagenschutz wie heute. Das bedeutete: Wenn eine Bank zusammenbrach, war das Geld der Sparer verloren. Das führte zu massenhaften Abhebungen, sogenannten „Bank Runs“, wodurch selbst gesunde Banken in Liquiditätsnot gerieten. Die Finanzinfrastruktur kollabierte Stück für Stück. - Psychologische Dynamik – Angst, Gier und Panik
Die Börse ist nicht nur ein Ort für Zahlen, sondern auch für Emotionen. Die Anleger damals waren teils unerfahren, gierig nach schnellem Reichtum und leicht manipulierbar. Als die ersten Kurseinbrüche eintraten, griff Panik um sich. Jeder wollte der Erste sein, der noch verkaufen konnte, bevor der totale Absturz kam. Dieser psychologische Druck war wie ein Brandbeschleuniger in einem lodernden Feuer.
Wie hat sich der Crash auf die Weltwirtschaft ausgewirkt?
Folge | Beschreibung | Betroffene Länder | Dauer der Auswirkung | Langfristige Konsequenzen |
Millionen Menschen wurden arbeitslos | Der Crash führte zu massiven Entlassungen, Unternehmen gingen bankrott, und viele Menschen verloren ihre Arbeitsplätze. | USA, Europa, global | Langfristig – bis in die 1930er Jahre | Stärkere Arbeitsmarktregulierungen und Sozialversicherungen |
Banken gingen pleite | Viele Banken, die in den Crash investiert hatten, konnten ihre Schulden nicht begleichen und mussten schließen. | USA, Großbritannien, Deutschland | Kurzfristig – bis 1933 | Einführung von Einlagensicherung und Bankenaufsicht |
Weltweite Handelsbeziehungen brachen zusammen | Durch die wirtschaftliche Instabilität fielen internationale Handelsbeziehungen weitgehend zusammen. Zölle wurden erhöht. | USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Japan | Mittel- bis langfristig – bis Ende der 1930er | Veränderung der Handelsstrategien, zunehmender Protektionismus |
Politische Extreme gewannen an Bedeutung | Die wirtschaftliche Unsicherheit führte zu einem Anstieg von populistischen und extremistischen Bewegungen. | Europa, USA, Asien | Langfristig – bis in die 1940er Jahre | Aufstieg von Faschismus und Kommunismus, politischer Umbruch |
Ganze Familien verloren alles, was sie besaßen | Die Finanzkrise führte zu massiven Verlusten von Eigentum, Ersparnissen und Wohlstand. Viele verloren ihr Zuhause und ihre Lebensgrundlage. | USA, Europa | Langfristig – 1930er Jahre | Veränderung der sozialen Struktur und Politik der Sozialhilfe |
Vergleich: Der Crash von 1929 vs. andere historische Einbrüche
Der Börsencrash von 1929 ist nicht das einzige Beispiel für einen dramatischen Einbruch an den Finanzmärkten. Im Laufe der Geschichte gab es mehrere bedeutende Crashs, die nicht nur die Märkte, sondern auch die Weltwirtschaft nachhaltig beeinflussten. Jedes dieser Ereignisse hatte seine eigenen Ursachen und Auswirkungen, doch sie alle teilen ein gemeinsames Merkmal: Die Märkte überhitzen sich, und ein plötzlicher Einbruch führt zu massiven Verlusten und weltweiten wirtschaftlichen Turbulenzen. Lassen Sie uns einige dieser wichtigen Crashs vergleichen:
Der Schwarze Donnerstag von 1929 ist der bekannteste und dramatischste Börsencrash der Geschichte. Die Ursache war eine massive Spekulationsblase, bei der Aktien zu überhöhten Preisen gehandelt wurden. Viele Anleger kauften auf Kredit, was die Marktblase noch weiter anheizte. Als die Kurse begannen zu fallen, mussten die Anleger ihre Positionen verkaufen, um ihre Schulden zu begleichen, was die Kurse weiter in den Keller trieb. Der Rückgang des S&P 500 betrug dabei beeindruckende ca. -86 % – ein Verlust, der die Weltwirtschaft in eine jahrelange Depression stürzte.
Der Schwarze Montag von 1987 war ein weiterer bedeutender Crash, der zwar weniger schwerwiegende Folgen für die Weltwirtschaft hatte, aber dennoch eine enorme Marktreaktion hervorrief. Hauptursache war eine Kombination aus Computerhandel und Panikverkäufen. Durch automatisierte Handelsalgorithmen wurden große Mengen an Aktien verkauft, was zu einem dramatischen Kursrückgang von ca. -22 % an nur einem Tag führte. Dies zeigte auf, wie moderne Technologie die Märkte noch stärker beeinflussen kann. Trotz der Schärfe des Rückgangs erholte sich der Markt relativ schnell und ohne langanhaltende Rezession.
Die Dotcom-Blase Ende der 1990er-Jahre und Anfang der 2000er-Jahre war eine weitere Finanzkrise, die durch eine Internet-Spekulation ausgelöst wurde. In dieser Zeit boomten Technologieaktien, die oft überbewertet waren, was schließlich zu einem massiven Kursrückgang von ca. -49 % führte. Insbesondere Unternehmen ohne Geschäftsmodelle, die nur aufgrund der Begeisterung für das Internet gekauft wurden, fielen dramatisch im Wert. Der Dotcom-Crash führte zu einem signifikanten Rückgang des technologischen Sektors und betraf besonders den NASDAQ-Index, der einen besonders schweren Rückgang erlebte.
Der Dotcom-Crash: Tech-Träume, die platzten
Ende der 90er Jahre erlebte die Welt eine der faszinierendsten und gleichzeitig schmerzhaftesten Blasen in der Geschichte der Finanzmärkte – die Dotcom-Blase. Sie war ein Produkt des schnell wachsenden Internets und der damit verbundenen Euphorie, dass die Technologiebranche die Wirtschaft revolutionieren würde. Doch als die Realität einsetzte, zerplatzten die Träume vieler Investoren und Unternehmen, was zum sogenannten Dotcom-Crash führte.
- Das Internet als neuer „Goldrausch“
- In den späten 90er Jahren erlebte das Internet einen massiven Boom. Das World Wide Web begann, zu einem alltäglichen Werkzeug zu werden, und Unternehmen erkannten die Chancen des Online-Handels.
- Start-ups, die „dotcom“ in ihrem Namen trugen, wurden zu den heißesten Aktien auf dem Markt. Es gab eine regelrechte Hysterie rund um das Thema, und es schien, als würde jeder, der sich nicht dem Internet widmete, den Anschluss verlieren.
- Überbewertete Start-ups ohne Geschäftsmodell
- Viele dieser neuen Tech-Unternehmen gingen an die Börse, ohne ein nachhaltiges Geschäftsmodell oder solide Gewinne vorweisen zu können. Oft war es genug, dass sie „online“ waren oder irgendeine digitale Idee im Gepäck hatten.
- Investoren kauften Aktien dieser Unternehmen in Massen, einfach aus der Vorstellung heraus, dass das Internet die Zukunft sei – unabhängig davon, ob das Geschäftsmodell auch langfristig tragfähig war.
- Marktübertreibung und Gier
- Die Preise von Internetunternehmen stiegen ins Unermessliche, auch wenn viele davon keinen Cent Gewinn machten. Aktienkurse von Unternehmen wie com, Webvan und eToys schossen durch die Decke.
- Gier und die Hoffnung auf schnelle Gewinne führten zu einem massiven Anstieg der Aktienkurse. Es gab wenig bis keine Bedenken bezüglich der realen Geschäftsgrundlagen dieser Firmen.
- Das Platzen der Blase
- Ende 2000 begann die Blase zu platzen, als Investoren erkannten, dass die meisten dieser Start-ups niemals profitabel sein würden. Die Aktien fielen innerhalb kürzester Zeit drastisch.
- Unternehmen wie com, das Online-Haustiergeschäft, und Webvan, ein Online-Lieferdienst, mussten Insolvenz anmelden. Ihre Aktien verloren innerhalb weniger Monate fast ihren gesamten Wert.
- Folgen für den Markt und die Investoren
- Der Dotcom-Crash führte zu einem Kursrückgang von ca. -49 % im Technologie-Sektor. Viele Anleger verloren viel Geld, und das Vertrauen in den Tech-Sektor war vorübergehend erschüttert.
- Die Regulierungsbehörden begannen, den Aktienmarkt und die Internetunternehmen genauer unter die Lupe zu nehmen, was zu stärkeren Anforderungen an Transparenz und solide Geschäftsmodelle führte.
Die Finanzkrise 2008 – Ein modernes Déjà-vu?
Jahr | Name der Krise | Hauptursache | Kursrückgang S&P 500 | Folgen |
2008 | Finanzkrise | Faule Immobilienkredite & Bankpleiten | Ca. -57 % | Weltweite Rezession, Bankenkrisen, Staatsinterventionen |
1929 | Schwarzer Donnerstag | Spekulationsblase | Ca. -86 % | Arbeitslosigkeit, weltweite Wirtschaftskrise |
1987 | Schwarzer Montag | Computerhandel & Panikverkäufe | Ca. -22 % | Kurzfristiger Crash, schnelle Erholung des Marktes |
2000-2002 | Dotcom-Blase | Internet-Spekulation | Ca. -49 % | Dotcom-Unternehmen gehen pleite, Markt korrigiert sich |
2020 | Corona-Crash | Pandemie & globale Unsicherheit | Ca. -34 % | Starker Kursrückgang, schnelle Erholung durch Stimulus-Maßnahmen |
Wiederholt sich Geschichte an der Börse?
„Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.“ Diese oft zitierte Weisheit trifft die Realität an den Finanzmärkten ziemlich gut. Während es auf den ersten Blick so scheint, als ob die großen Börsencrashs völlig unterschiedliche Ursachen hatten, ist die zugrunde liegende Dynamik oft dieselbe. Es beginnt mit einer Phase der Euphorie, in der Anleger in immer riskantere Vermögenswerte investieren, getrieben von der Hoffnung auf hohe Gewinne. In dieser Phase verlieren viele das Gefühl für die realen Werte und die Risiken, die sie eingehen.
Die darauf folgende Spekulation, bei der Investoren auf Kredit kaufen und sich auf steigende Preise verlassen, führt zu einer Überbewertung von Aktien und anderen Finanzinstrumenten. Auch hier lassen sich Parallelen zu den großen Krisen ziehen: Von der Dotcom-Blase in den 2000er Jahren bis zum Immobilienboom vor der Finanzkrise 2008. Der Markt wird immer mehr von der Vorstellung getrieben, dass die Preise nur steigen können, und viele Anleger setzen auf dieses falsche Vertrauen.
Doch wie immer kommt der Moment der Panik, wenn die ersten Anzeichen einer Korrektur sichtbar werden. In diesem Moment verkauft jeder, um seine Verluste zu minimieren, was den Markt weiter nach unten zieht. Genau das war es, was 1929 beim „Schwarzen Donnerstag“ passierte, als die Aktienkurse dramatisch fielen und sich der gesamte Markt in einer Abwärtsspirale wiederfand. Ähnliches geschah bei der Finanzkrise 2008, als die Verbriefung von Immobilienkrediten und das Vertrauen in die Banken zusammenbrachen.
Ein entscheidender Unterschied zwischen den verschiedenen Crashs liegt allerdings in den Werkzeugen und Auslösern, die die Krise antreiben. Heute sind es oft digitale Märkte und hochentwickelte Finanzinstrumente wie Derivate und algorithmischer Handel, die zu übermäßiger Spekulation und dramatischen Kursbewegungen führen. Die schnelle Verbreitung von Informationen durch das Internet verstärkt die Panik und beeinflusst die Märkte noch schneller als je zuvor. Doch trotz dieser modernen Tools bleiben die menschlichen Emotionen, die hinter den Börsenkrisen stehen – Gier, Angst und Panik – dieselben wie vor hundert Jahren.